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Dieser Aufsatz erschien erstmals in den Hochwälder Geschichtsblättern 9/1997, Seite 18-46
mit ausführlichen Quellenangaben und Anmerkungen

  

Philipp Christoph von Sötern

Begründer der Freien Reichsherrschaft Dagstuhl - Stationen seines Lebens

 

Dittmar Lauer

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Ich stamme aus dem Geschlechte derer von Sötern her, so eines derer ältesten Adelichen, und nachhero Freyherrlichen Häuser in dem Rhein-Lande. Mein Vater George Wilhelm, Herr zu Lemberg, Fürstlicher Pfältzischer und Baadischer Rath, und Ober-Amtmann zu Creutzenach. Anno 1567 erblickte ich das Licht der Welt, und ward bey der Heiligen Tauffe Philippus Christopherus genannt, auch, von Kindes-Beinen an, dem Geistlichen Stande gewidmet. Also that man mich sehr zeitig, in Trier, zu deren Herren Jesuiten, und ich machte gantz ungemeine Profectus in meinen Studiis, wodurch ich aller Welt Augen auf mich zog, auch mich bey jederman, durch mein freundliches Wesen, welches mit meinen jungen Jahren, ohngefähr biß in das dreyßigste, vermischt gewesen, zu insinuiren wußte. Denn alsdann, und zwar wie ich Canonicus zu Trier und Speyer wurde, fienge ich an über die maassen ernstlich, auch dabey ein wenig unfreundlich und murrisch zu werden, welches sich mit der Zeit immer vermehrte, fast nach dem Maaß, wie mich das Glücke erhube.

Diese ganz persönliche Kurzbiographie legt der anonyme Autor der Gespräche in Dem Reiche derer Todten dem Trierer Kurfürsten und Erzbischof, Bischof von Speyer, Reichskammerrichter und Begründer der Reichsherrschaft Dagstuhl in den Mund. Der Kurfürst Philipp Christoph von Sötern und der lothringische Herzog Karl III. unterhalten sich in diesem imaginären Gespräch über ihr Leben und ihr Wirken. Selbstkritisch läßt der Autor den Kurfürsten beim Treff im Totenreich -nicht weit von dem Post-Comptoir, wo die Neuigkeiten aus der Welt einlauffen- ausrufen: Unruhig waren wir alle beyde auf Erden. Doch bestunde der Unterschied hauptsächlich darinnen, daß Ihr, Geliebtester Hertzog, bey allen Fatalitäten, die Euch betroffen haben, stets eines aufgeräumten Sinnes, oder lustiger Humeur, ich dagegen öffters unfreundlich, ja gemeiniglich allzuernsthafft gewesen.

Das Gespräch im Totenreich - diese fiktive und konstruierte Unterhaltung zweier verstorbener Fürsten - ist über acht Jahrzehnte nach Philipp Christophs von Sötern Tod aufgeschrieben worden.

Aber schon die zeitgenössischen Gesta Treverorum berichten, mit welch starkem und ungebrochenem Geiste Philipp Christoph von Sötern all die Feindseligkeiten, die Verfolgungen seiner Nebenbuhler, die Gefangenschaft und die körperlichen und seelischen Schmerzen aushielt. Wenn auch manchmal das allzu hitzige Ungestüm den vor Zorn gegen die Gegner kochenden Geist in Wort und Schrift über die Grenzen des menschlichen Maßes hinwegriß, so ertrug er doch das auf ihm sehr schwer lastende Schicksal unerschrocken.

Und im Genealogischen Historischen Adelslexikon des Jahres 1747 schlagen wir nach: Weil er nicht nur in der ChurTrierischen, sondern auch in der ganzen Römischen Reichs-Historie ein unvergeßliches Andenken, wegen vieler Merkwürdigkeiten hat, als kömmem wir nicht umhin, dessen Leben hier besonders vorzustellen. ... Man rühmet von ihm, daß er in den empfindlichsten Verdrießlichkeiten eine ganz ungemeine Standhaftigkeit bezeuget...

Ein hartes Urteil über Philipp Christoph von Sötern fällt Leopold von Ranke in seiner Französischen Geschichte, wenn er nicht ganz konform mit seiner eigenen Forderung nach Objektivität und daß der Historiker nicht richten und lehren darf, dem Kurfürsten vorwirft, er habe nur für die Territorialgewalt und die Religion gearbeitet, was das Vaterland sei, davon hatte er nie eine Ahnung gehabt.

Dieser Einschätzung des preußischen Geschichtsschreibers schlossen sich Generationen von Historikern an. In seiner Geschichte von Stadt und Kurstaat Köln wirft Leonhard Ennen dem Kurfürsten und Erzbischof vor, sich des französischen Schutzes zur Erlangung der höchstmöglichen unumschränkten Herrschaft zu versichern. Das ganze deutsche Reiche hätte er verrathen und verkauft, wenn ihm nur dafür die Mittel gegeben wurden, seinen Clerus, seine Bauern und Bürger so auszusaugen, wie solches in Frankreich geschah.

In den Augen des Trierer Domkapitulars Johann Leonardy war Philipp Christoph von Sötern gar landesverräterisch und seiner Würde als geistlicher und deutscher Fürst völlig uneingedenk. Als Despot, Tyrann und Verräter wird er in einer unter dem bezeichnenden Titel Der Schwarze Kurfürst anonym erschienenen Schrift gescholten.

Auch der landrätliche Hobbyhistoriker Constantin von Briesen ließ kein gutes Haar an Philipp Christoph von Sötern und diente sich der preußischen Geschichtsbetrachtung an, wenn er in seiner verdienstvollen Geschichte des Kreises Merzig formuliert: Nicht als Churfürst für das Wohl seines Landes und die Einigkeit des deutschen Reiches, nicht als Erzbischof für das geistliche Wohl seiner Herde ist er besorgt, nur seine Macht als Souverän sucht er zu erweitern und den Erbbesitz seines Hauses, selbst auf Kosten des Staates, zu vergrößern.

Den Reigen dieser negativen Beurteilungen durchbricht Josef Baur mit seinem noch bis heute grundlegenden zweibändigen Werk über Philipp Christoph von Sötern. Baur benutzte erstmals neben der überlieferten Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts ungedrucktes Quellenmaterial vorwiegend deutscher Provenienz. Er bemühte sich um eine differenzierte Darstellung des Persönlichkeitsbildes des Trierer Kurfürsten, dennoch machte sich der Mangel einer ungenügenden Quellenlage bemerkbar. Die verschiedenen französischen und vatikanischen Archive waren ihm noch verschlossen.

Erst die in neuerer Zeit erschienenen Arbeiten von Hermann Weber und Karlies Abmeier tragen zu einem ausgewogenen und verständnisvolleren Söternbild bei, das nicht mehr von der für das preußische Geschichtsdenken unverständlichen Tatsache der Verbindung eines deutschen Fürsten zu Frankreich und der französischen Krone getrübt ist.Hermann Weber untersucht in seinem Werk Frankreich, Kurtrier der Rhein und das Reich das Wirken Philipp Christophs von Sötern bis zum Schicksalsjahr 1635 und Karlies Abmeiers Arbeit Der Trierer Kurfürst Philipp Christoph von Sötern und der Westfälische Friede beschäftigt sich mit Söterns Politik nach seiner Rückkehr aus zehnjähriger Gefangenschaft bis zu seinem Tode im Jahre 1652.

In seinem Aufsatz über die Gefangenschaft des Trierer Kurfürsten im österreichischen Linz bezeichnet Hans Sturmberger den inhaftierten Phi-lipp Christoph von Sötern als eine der merkwürdigsten Erscheinungen des frühen 17. Jahrhunderts, die keineswegs bloß der Geschichte des kurtrierischen Landes zugehört, sondern der Reichsgeschichte und der Geschichte Europas.

Selbst bei dieser kleinen Auswahl wird deutlich, daß das Persönlichkeitsbild des Trierer Erzbischofs und Kurfürsten und Fürstbischofs von Speyer, Philipp Christoph von Sötern, im Laufe der Jahrhunderte manche Verzeichnungen erfahren hat. Dem relativ gemäßigten Urteil seiner Zeitgenossen, soweit sie nicht zu seinen unerbittlichen Widersachern zählten, und der Chronisten des 18. Jahrhunderts folgte eine nach den Befreiungskriegen am nationalen Gedanken preußisch-protestantischer Geschichtsschreibung orientierte negative und zu einseitige Einschätzung des Söterners. Dessen vehementen Einsatz für sein Vaterland und seine Bündnispolitk mit Frankreich, aber auch seine energischen und erfolgreichen Rekatholisierungsbemühungen vor allem in den pfälzischen Sprengeln seines Speyerer Bistums prangerten die preußischen Hofhistoriographen als Vaterlandsverrat an.

So kann man der Einschätzung Wolfgang Seibrichs in den Saarländischen Lebensbildern getrost zustimmen: Es kann kaum verwundern, daß sein Schicksal eine -in extremem Maße auseinandergehende- Betrachtung fand, die keinem anderen Trierer Kurfürsten nach Balduin zuteil geworden ist.

 

Die Familie von Sötern

Das Hochwälder Adelsgeschlecht von Sötern trägt seinen Namen von dem kleinen Ort Sötern. Obersötern gehörte als ein Lehen der Vögte von Hunolstein zur Pflege Achtelsbach, während Untersötern mit den westlich gelegenen Ortschaften Schwarzenbach, Otzenhausen, Braunshausen und Nonnweiler, bis zum heutigen Tage als Eberswald bezeichnet, ein Lehen der Herren von Finstingen war. Beide Lehen, sowohl das hunolsteinische als auch das finstingensche, unterstanden der Oberlehnsherrschaft des Trierer Erzstifts. Seit ältester Zeit sind diese Besitzungen als Afterlehen der Herren von Sötern nachzuweisen, welche zu Untersötern eine Burg errichtet hatten, von der sich leider nur noch wenige versteckte Spuren vorfinden. Das Geschlecht von Sötern teilte sich schon früh in zwei Linien, die sich einmal durch Beinamen, zum anderen durch ihre verschiedenen Wappen unterscheiden lassen: Die Mohren von Sötern und die Herren von Sötern mit der Wolfsangel.

Daß das Geschlecht bereits im Jahre 1029 in einer genealogischen Stammtafel kurioserweise mit einer Jungfrau Wolfhild von Sötern angeführt wird, dürfte auf eine familieninterne Legendenbildung zurückzuführen sein, ebenso wie der für das Jahr 1209 erwähnte Wolff von Sötern.

Ab der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts begegnen uns die Ritter, Amtmänner, Burgmannen, Äbte und Domherren aus dem Söterner Geschlecht mit der Wolfsangel im Rhein- und Nahegau, im Hochwald, an Saar und Mosel. Eine Nachzeichnung der Söternschen Besitzstrukturen läßt eine erstaunliche Mobilität erkennen. Aufgrund führender Stellungen vor allem bei den erzbischöflich-kurtrierischen, lothringischen sowie den sponheim-veldenzischen und zweibrückischen Territorialherren und damit verbundener umfangreicher Belehnung mit den unterschiedlichsten und weiträumig gestreuten Besitzungen bis über den Rhein verschaffte sich die Familie von Sötern im Laufe der Jahrhunderte eine nicht unbedeutende Position.

 

Die Urgroßeltern

So hatte es Adam von Sötern, der Urgroßvater unseres Philipp Christophs von Sötern zum Hofmeister des Pfalzgrafen und Herzogs Alexander von Zweibrücken gebracht und stand als Amtmann in kurtrierischen Diensten zu St. Wendel. 1469 wurde er vom Trierer Erzbischof Johann II. von Baden mit einem Teil an der Burg Dagstuhl belehnt momperswise Mergen von Hane myner eelichen huißfrauwen. Und im Jahre 1484 erhält er vom Pfalzgrafen bei Rhein, Herzog in Bayern und Graf von Veldenz, Alexander, die Ortschaften Selbach, Neunkirchen und Gonnesweiler im Neunkircher Hochgericht zu Lehen, wie es seine Voreltern schon getragen hatten.

Die erste Ehe Adams von Sötern mit Margarethe von Hagen muß kinderlos geblieben sein. Als er im Jahre 1520 verstarb, hinterließ er seine Witwe Franziska von Orley, die er in zweiter Ehe geheiratet hatte, und zwei Söhne: den 56jährigen Ludwig und dessen älteren Bruder Franz, der 1529 als Trierer Domherr starb.

 

Die Großeltern

Ludwig von Sötern, der Großvater des Philipp Christoph von Sötern also, vereinigte gleich drei Amtmannsstellen in seiner Person und diente drei verschiedenen Herren als zweibrückischer Amtmann zu Thanstein, als kurfüstlich-trierischer Amtmann zu Liebenberg und als Amtmann zu Schaumburg in Diensten des Herzogs von Lothringen.

Vom Trierer Erzbischof erhält Ludwig von Sötern im Jahre 1532 u.a. Burglehen zu Grimburg (10 Malter Korn, 40 Schilling aus dem Amte Birkenfeld, einem nicht näher bezeichneten Wald und 10 Mann) und zu Schmittburg und 1538 ein weiteres Burglehen zu St. Wendel, das aus 6 Hofstellen zu Marpingen, 1 Hofstatt zu Tholey, 3 Hofstätten zu Heidesweiler und einer Rente zu Winterbach besteht.

Ludwigs Ehe mit Anna von Neipperg, Tochter des Georg Wilhelm von Neipperg und seiner Gemahlin Anna von Schwarzenberg entsprangen drei Söhne: Georg Wilhelm, Philipp Christoph und Johann Ludwig.

Ludwig von Sötern starb im Jahre 1547, seine Gemahlin Anna von Neipperg überlebte ihn um acht Jahre. Im Turmgewölbe des altehrwürdigen Domes zu St. Wendel befinden sich ihre Grabplatten. Es sind einfache Arbeiten eines vermutlich heimischen Steinmetzen und Bildhauers.

Die drei Söhne des Ludwig von Sötern, Georg Wilhelm, Philipp Christoph und Johann Ludwig, erweiterten und festigten in erheblichem Maße den Familienbesitz. Zahlreiche Lehnsurkunden und Kaufverträge zeugen von einer äußerst agilen Erwerbspolitik. Johann Ludwig von Sötern hatte seinen Sitz auf Lemberg genommen und stand, wie schon sein Vater in lothringischen Diensten als Amtmann zu Schaumburg. Er vermählte sich im Jahre 1555 mit Katharina von Steinkallenfels, starb bereits 1564 ein Jahr nach seiner Frau und hinterließ einen einzigen Sohn, Ludwig Alexander, den Vater des Johann Reinhard von Sötern, der im Verlauf der Geschichte und im Verhältnis zum Kurfürsten und Erzbischof Philipp Christoph von Sötern noch eine besondere Rolle spielen sollte.

Philipp Christoph, der mittlere der Söternbrüder, war für den geistlichen Stand bestimmt und hatte bei seinem Tode im Jahre 1595 mehrere einkunftsträchtige Pfründe angesammelt. So bekleidete er in der Hohen Domkirche zu Trier die Dignität des Domkaplans, war gleichzeitig Archidiakon zu St. Mauritius in Tholey und damit Chorbischof. Darüberhinaus war er Domdechant zu Worms und Domsänger und Propst des Allerheiligenstiftes zu Speyer.

Während er, der hohe geistliche Herr, in erster Linie für das Zusammenhalten des ererbten und auf vielfältige Weise erworbenen Familienbesitzes verantwortlich zeichnete und noch kurz vor seinem Tode Statuten für ein zu gründendes Söterisches Familienfideikommiß formulierte, zeigte sich der älteste der Söternbrüder, Georg Wilhelm, als treibende Kraft beim Zustandekommen der vielfältigen Lehnsverträge, Kaufabschlüsse und Kapitaltransfere.

Dem gemeinsamen unermüdlichen Eifer dieser drei Söterner verdankt die Adelsfamilie nicht nur einen gewaltigen Zuwachs an Familienvermögen, sondern vor allem auch einen sozialen Aufstieg und gesellschaftliche Anerkennung bis hin in höchste Kreise. Höhepunkt und Krönung sollte die Erhebung von Georg Wilhelms Sohn Philipp Christoph von Sötern in den Kurfürstenstand und die Wahl zum Erzbischof von Trier werden.

 

Die Eltern

Georg Wilhelm von Sötern, Herr zu Lemberg, stieg zu großen Ehren auf und besetzte einträgliche Posten. Als er 1593 in Kreuznach verstarb, hatte er es zum fürstlich-pfälzischen und badischen Rat und während seiner aktiven Jahre zum Amtmann zu Zweibrücken, zu Kastellaun und zum Oberamtmann zu Kreuznach gebracht.

Er war verheiratet mit Barbara, der Tochter des Wilhelm von Püttlingen und der Sara von Gültlingen. Aus der Ehe gingen acht Kinder hervor. Neben dem im Jahre 1557 geborenen ältesten Sohn Konrad war der zehn Jahr später geborene Philipp Christoph von Sötern der zweite Sohn, während die übrigen sechs Geschwister weiblichen Geschlechts gewesen sind. Zwei von ihnen starben im Alter von vierzehn und sechzehn Jahren. Die Ehe Katharinas von Sötern mit Jakob von Dietz blieb kinderlos, Felizitas von Sötern vermählte sich in erster Ehe mit Anton von Eltz und in zweiter Ehe mit Jakob Zant von Merl und Eva Elisabeth ging die Ehe mit Heinrich von Dietz ein.

 

Geburt und Taufe

Philipp Christoph von Sötern wurde am 11. Dezember 1567 in Zweibrücken geboren, vor genau 430 Jahren also. Die Taufe empfing er am 29. Dezember in der Alexanderkirche, die seit 1533 in den Besitz der lutherischen Gemeinde übergegangen war.

Nach wie vor offen scheint die Frage, nach welchem Religionsbekenntnis der junge Philipp Christoph von Sötern getauft worden sei. Für die Annahme, daß der Vater Georg Wilhelm von Sötern tatsächlich die Religion seines lutherischen Landes- und Dienstherrn angenommen habe und bekennender Lutheraner gewesen sei, gibt es keinen Beleg, man kann es höchstens vermuten. Daß er an der vom Herzog angeordneten zweibrückischen Kirchenvisitation in den Jahren 1565-1567 beteiligt war, spricht allerdings für die Vermutung. Tatsache aber ist, daß beide Paten katholischen Glaubens waren, sowohl der namengebende Onkel und Kirchenmann Philipp Christoph von Sötern als auch der mit der katholischen Großmutter verwandte Philipp von Neipperg. Als Patin ist die Witwe des 1564 verstorbenen Sigfried von Oberkirch eingetragen, dessen Grabstein noch heute in der Alexanderkirche vorhanden ist.

Die Religionszugehörigkeit ist in diesen Umbruchjahren offensichtlich noch nicht allzu streng gehandhabt worden: Denn die nachgewiesenermaßen katholische Barbara von Püttlingen, des jungen Philipp Christophs Mutter, ist gemeinsam mit Felizitas, der Frau des in zweibrückischen Diensten stehenden lutherischen Leibarztes Dr. Friedrich Olevian, einem Bruder des Trierer Reformers Caspar Olevian, in einer anderen Taufbeurkundung als Patin notiert.

 

Erziehung und Ausbildung

Überblickt man die überkommene Korrespondenz des söternschen Privatarchivs, so verdichtet sich der Eindruck, daß der junge Philipp Christoph von Sötern von Anfang an von seinem gleichnamigen Patenonkel für den geistlichen Stand bestimmt worden sei. Ob der heranwachsende Philipp Christoph dies wider seine Neigung nur dem Oheim zu Lieb akzeptierte oder aber seiner Mutter folgend und aus freiem Entschluß seine Studien in der Trierer Jesuitenschule schon sehr früh begann, bleibt dahingestellt. Jedenfalls scheint er sein Studium mit großem Eifer absolviert zu haben, denn seine Jesuitenlehrer konnten nicht genug des Knaben Fähigkeit und Fleiß, sein rasches Erlernen alter und neuer Sprachen, seine scharfe Dialektik sowie seine Kenntnisse im bürgerlichen und kanonischen Rechte rühmen.

1583 entschließt sich Georg Wilhelm von Sötern dazu, seinem Sohn Philipp Christoph den Eintritt in das Trierer Domkapitel zu ermöglichen. Er schreibt, daß er auf ettlichen malen anhalten seines Bruders, des Domherrn Philipp Christoph von Sötern, seinem gleichnamigen sechzehnjährigen Sohne dem Trierer Domstift aufzuschwören erlaube, und zwar nicht nur auf die brüderlichen Bitten hin, sondern auch nach zuvor gehaltenem Rat mit seiner Gemahlin Barbara von Püttlingen. Seine beiden angeheirateten Verwandten Nikolaus Schenk von Schmittburg und Friedrich von Steinkallenfels sollen als zwen unpartheyische von adel beim nechst khünfftigen gemeinen capitulstag zu Trier die adelige Abstammung durch eine versigelte verschreibung bezeugen.

Im Jahr 1584 erhält Philipp Christoph das angestrebte Kanonikat am Trierer Dom und gleichzeitig wird er Kanoniker am Stift St. Peter und Paul zu Bruchsal, zu dem ihm sein gleichnamiger Onkel aus der Position eines Speyerer Domherrn verhelfen konnte.

Nach dem mit Erfolg abgelegten Baccalaureat im April des Jahres 1585 beginnt Philipp Christoph von Sötern ein zweijähriges Studium an der Jesuitenuniversität in Pont-à-Mousson, das er mit dem Doktor der beiden Rechte abschließt. 1588 kann er dann sein Kanonikat in Trier antreten. In den nächsten Jahren folgen Studien an den Universitäten in Bologna, Padua und Siena, unterbrochen von den seinerzeit üblichen und beliebten Bildungsreisen.

 

Beginn einer glänzenden Karriere

Philipp Christophs von Sötern überragende Fähigkeiten blieben nicht verborgen und er stieg auf der geistlichen Karriereleiter unaufhaltsam immer höher. Die ihm zufallenden Pfründe in Mainz, Speyer und vor allem Trier erweckten natürlich den Mißmut seiner Mitbewerber teilweise soweit, daß sie seine Gegner wurden. 1600 erhielt er das Archidiakonat St. Peter in Trier und 1604 wählte ihn das Domkapitel einstimmig zum Dompropst.

Die vielseitigen Talente und vor allem das diplomatische Geschick des jungen Sötern brachte ihm die Sympathien der Fürsten ein. Nicht nur für die Trierer Kurfürsten und Erzbischöfe Johann VII. von Schöneberg und Lothar von Metternich wurde er erfolgreich tätig, auch der Mainzer Kurfürst, der Bischof von Speyer u.a. bedienten sich seiner Fähigkeiten in vielfältiger Weise. Auch um das Haus Österreich und hier besonders bei der Wahl des Habsburgers Matthias zum Kaiser machte sich Philipp Christoph von Sötern in diesen Jahren verdient.

Philipp Christoph von Sötern erwarb sich so in den verschiedenen von ihm bekleideten Positionen den Ruf eines fähigen Kopfs und eines gewandten und mit diplomatischem Geschick agierenden Unterhändlers. Er erregte die Aufmerksamkeit seiner ihm vorgesetzten Bischöfe und gewann deren Vertrauen. Mehrmals nahm er stellvertretend und mit erheblichen Vollmachten ausgestattet an Reichstagen teil und hielt sich oft im Vatikan auf, wo er wegen seiner außergewöhnlichen Intelligenz und seiner Gewandtheit auf allseitiges Wohlwollen in Kreisen der Kurienkardinäle stieß.

Ein Mann von den Qualitäten eines Philipp Christoph von Sötern drängte sich förmlich für höhere Funktionen auf. Im Mai des Jahres 1610 wurde er als Nachfolger von Eberhard von Dienheim zum Bischof von Speyer gewählt, womit gleichzeitig die Propstei Weißenburg verbunden war. Ein Jahr später berief ihn der Kaiser zum Richter am Reichskammergericht zu Speyer und ernannte ihn gleichzeitig zum Kaiserlichen Rat.

Nach dem Tode Lothars von Metternich, der in den letzten Regierungsjahren nur ein Spielball seiner verwandten Domherren und deren Umfeld im Domkapitel gewesen war, wurde Philipp Christoph von Sötern am 25. September 1623 zum Erzbischof und Kurfürsten von Trier erwählt. Der Söterner stand auf der höchsten Sprosse der Karriereleiter. Er war bereits 56 Jahre alt.

 

Sorge um die Familie

Seit dem Tode seines gleichnamigen geistlichen Onkels und ständigen Förderers am 14. Juni 1595 fiel die Führung des Söternschen Familienverbandes fast automatisch auf den damals 28jährigen Philipp Christoph von Sötern. Die Ehe des zehn Jahre älteren Konrad, seit 1585 mit Margarethe von Merode verheiratet und mit deren Gütern und

Besitzungen im Luxemburgischen und seiner kurfürstlich-trierischen Amtmannsstelle zu Saarburg beschäftigt, blieb kinderlos. Philipp Christophs und Konrads Vater Georg Wilhelm von Sötern war bereits im Jahre 1593 verstorben. Nach dem frühen Ableben Johann Ludwigs von Sötern, dem Onkel von Konrad und Philipp Christoph, im Jahre 1564, rückte der junge Ludwig Alexander, der Sohn des Johann Ludwig von Sötern, in der männlichen Erbfolge an erste Stelle. Ludwig Alexander vermählte sich mit Elisabeth von Nassau und betätigte sich als kurfürstlich-trierischer Rat und Amtmann zu Münstermaifeld und Kobern.

Als Ludwig Alexander im Jahre 1612 starb, ließ er eine Witwe und sechs minderjährige Kinder im Alter von vierzehn bis zwanzig Jahren zurück. Die Zwillinge Philipp Christoph und Johann Heinrich starben im Säuglingsalter, eine Tochter Maria Elisabeth im Alter von knapp einundzwanzig Jahren. Die älteste Tochter Anna Katharina ehelichte Adolf von Nesselrode zu Erishofen, deren Sohn Bertram später trierischer Statthalter werden sollte. 1595 wurde ein Knabe geboren, dem die Eltern erneut den Namen des einen Monat zuvor verstorbenen Großonkels bzw. des Onkels Philipp Christoph gaben, und ein Jahr später kam Johann Reinhard zur Welt, dessen Schicksal eng mit dem seines nahe verwandten kirchlichen und weltlichen hohen Würdenträgers Philipp Christoph von Sötern verknüpft sein sollte.

Beim Tod ihres Vaters waren die beiden Söhne Philipp Christoph und Johann Reinhard siebzehn und achtzehn Jahre alt. Es hat den Anschein, als habe sich Philipp Christoph von Sötern, zu dieser Zeit Fürstbischof von Speyer und Reichskammerrichter, von Anfang an bewußt und gezielt um die weitere Erziehung der beiden Jungen bekümmert, wobei er den jungen Philipp Christoph, sozusagen einer unausgesprochenen Familientradition folgend, für eine geistliche Laufbahn und Johann Reinhard, nach dem Tode seines Vaters nun als einziger männlicher Erbe und Träger des Namens von Sötern verblieben, für die Übernahme des Söternschen Familienerbes vorgesehen hat. Alle seine Erziehungsmaßnahmen, seine Mahnungen und Anfeuerungen und die mit der Mutter Elisabeth von Sötern geb. von Nassau getroffenen Vereinbarungen deuten darauf hin.

 

Förderer und Gönner

Gleich nach dem Tode ihres Vaters Ludwig Alexander von Sötern wurden seine heranwachsenden Söhne Philipp Christoph und Johann Reinhard auf Betreiben ihres fürstbischöflichen Onkels auf die Jesuitenuniversität in das lothringische Pont-à-Mousson geschickt. Dort nahmen sie unter der Aufsicht des Söternvertrauten Gangolf Ralinger, des späteren Weihbischofs von Speyer, das Studium auf. In den ersten Jahren in Pont-à-Mousson scheinen die beiden mit ihrem Studium nicht so recht vorangekommen zu sein. Der Fürstbischof Philipp Christoph von Sötern ermahnte sie zu fleiß und studiren, darab sie noch biß anhero ein gnedigh genügen geschöpfft.

Als nach drei Jahren die Schulleistungen hinter den Erwartungen zurückgeblieben waren, zog der Fürstbischof den Abbruch des Studiums ins Kalkül. Dann aber sei zu befürchten, schrieb er der in Koblenz wohnenden Mutter, Elisabeth von Sötern geb. Von Nassau, da sie so baldt von dem studirn abgewiesen ... wol gar in das luder gerathen möchten. Daher empfahl er, den für den geistlichen Beruf vorgesehenen Philipp Christoph noch ein Jahr lang in Mainz studieren zu lassen, wobei er dann zugleich seine Residenz zu St. Alban wahrnehmen und die Präsenzgelder in Höhe von 400-500 Gulden einstreichen könne. Im Alter von neun Jahren bereits war er nämlich dort als Domizellar angenommen worden. Johann Reinhard aber sollte unter einem scharpffen uffseher eine zeitlang in Köln nachstudieren. Die schon seit längerem geplante Italienreise könnten die beiden Brüder antreten, wan sie was stercker und gesunder.

In der Tat gab es Probleme mit der Gesundheit des jüngeren Johann Reinhard, dessen Fuß also grindisch seie, das er abendts grosse schmertzen daran befindet. Der Rat der Mediziner und die verschiedenen Salben halfen wenig, zumal sich Johann Reinhard keiner medizinischen Betreuung, auch nicht durch die speyerischen medicoren, unterziehen wollte. Der Fürstbischof zog daher in Erwägung, ihn zur Mutter nach Koblenz kommen und in Ems oder Wiesbaden auskurieren zu lassen, um des grindts einmahl erledigt zu werden. Die bader und brunnen chur mußte dann aber zurückgestellt werden.

Ein halbes Jahr später meinte Philipp Christoph von Sötern zum Gesundheitszustand Johann Reinhards, daß allein daß gebluett zwischen hautt und fleisch ihm alle ongelegenheit verursache, dieweil dan alle medicis es darvon hallten, daß solches hauptsachlich auß einer hitzigen leber herfliesse, so rhatten sie zum saurbrunnen, meines erachtens aber were eine linde purgation und aderlaß besser, darzu er aber nit zu bereden, also notwendigh, daß ander mittell vor die handt genommen werden muß. Und er rät, er solle ein besser ordtnungh in der diaet oder essen halten, dan dardurch kommen sein ongelegenheit, er den magen mit onzeittigen speissen uberladen.

Im August des Jahres 1616 nahm die seit langem geplante und ersehnte Italienreise konkrete Formen an. Der Fürstbischof stellte 500 Kronen zur Verfügung, womit die beiden Studenten, so hoffte er, die Zeit voll anlegen und gesundt pleiben, were inskünfftigh alles zu verschmertzen und sie sich hernacher, einer bey seinen canonicaten, der ander sonsten villeichten in diensten, selbsten muesten ernehren und hindurch pringen. Auch die Mutter steuerte ihren Kostenzuschuß bei, wofür sich Johann Reinhard von Udenheim aus artig bedankte und versprach, unß in sprache studirn und andren thugendten also exerciren, das verhoffentlich die mutter eine grosse freude daran haben sollen.

Über den Winter blieben die beiden jungen Söternnachkommen gemeinsam mit ihrem Aufseher Gangolf Ralinger und ihren praeceptoren in Rom. Der Briefverkehr mit der Mutter und dem Fürstbischof konzentrierte sich, von den üblichen Floskeln und Unverbindlichkeiten abgesehen, vor allem auf finanzielle Angelegenheiten: ...es hat newlich die mutter zu verstehen geben, sie wolte unß etwaß anhero verordnen, so möchte ich gern vernemmen, ob es durch den herrn rentmeister in Trier zu Franckfurt recht seye bestelt worden.

Im Oktober 1617 waren Philipp Christoph und Johann Reinhard mit ihrem Aufseher und Erzieher Gangolf Ralinger wieder nach Pont-à-Mousson zurückgekehrt. Sie waren beide wohlauf und hatten gute Fortschritte im Französischen, aber auch im Italienischen gemacht, was teutsch schreiben anlangt, wirds auch mit der zeitt kommen. Hatten sie über das alte losament noch Klage geführt, so zeigten sie sich nun zufrieden. Das neue Quartier sei besser und dazu noch billiger. Sie seien bei einer deutschen Witwe untergebracht, die schon seit zwanzig Jahren Herren von Adel in Kosten habe. Obwohl sie ihre eigenen Studios und Schreibstuben hatten, einen von dem anderen gesündert, beschwert sich Ralinger: ...theten sie ihre kindtsschue einmahll auß, so wehre ihnen geholffen.

Weihnachten 1617 verbrachten Philipp Christoph und Johann Reinhard beim Fürstbischof in Udenheim, dessen Verhältnis zu deren Mutter Elisabeth von Sötern etwas frostig geworden war. Elisabeth beabsichtigte die Verlegung ihres Haushaltes nach St. Wendel ohne vorherige Konsultation des Fürstbischofs, der daraufhin gekränkt reagierte: ...wan sie aber die verpflegungh oder underhalt lenger von mhir begert, muß sie besser folgen alß bißhero beschehen. Vielleicht hatte auch die Absicht Elisabeths, ihren Sohn Johann Reinhard zu verheiraten, zu der Verärgerung geführt, wozu der Fürstbischof aber nicht hatte raten wollen, bevor die Erb- und Hinterlassenschaftsangelegenheiten des 1595 verstorbenen Domherrn Philipp Christoph von Sötern nicht vollständig geklärt waren. Denn dessen Vermögen sollte dem stammen von Sötern zugeführt werden, dessen einziger für die Erbfolge in Frage kommende männliche Nachfolger zu diesem Zeitpunkt nun einmal Johann Reinhard von Sötern war.

Auch an dieser Haltung des Fürstbischofs und Seniors der söternschen Familie läßt sich die Sorge um den Zusammenhalt des Familienverbundes deutlich machen und aufzeigen, daß Philipp Christoph von Sötern unbeirrt das von seinem gleichnamigen Onkel vorskizzierte Söternsche Familienfideikommiß im Auge behielt.

 

Der Familienbesitz wächst

Der ältere Philipp Christoph von Sötern, der Trierer, Wormser und Speyerer Domherr, hatte seinen Neffen Konrad von Sötern zu seinem Universalerben bestimmt. Das Erbe war beträchtlich, wovon auch die gleich nach seinem Absterben angefertigte umfangreiche Inventarliste über sein Vermögen, Mobilien und Immobilien, Bargeld und Pfandverschreibungen, Silbergeschirr, Kleinodien und Pretiosen zeugt.

Wohl in der sicheren Erkenntnis, daß nur sein Bruder Philipp Christoph den vom gleichnamigen Onkel initiierten und vorgedachten Familienfideikommiß vollenden könne, und vielleicht noch von dem Verstorbenen dahingehend belehrt, setzte Konrad von Sötern nun seinerseits seinen Bruder Philipp Christoph zum Universalerben seines nicht unbeträchtlichen ererbten und angeheirateten Vermögens ein, offensichtlich mit dem Einverständnis seiner Gemahlin Margarethe von Merode, deren Mutter Mechtild eine Rheingräfin gewesen war.

Sowohl Konrad als auch besonders Philipp Christoph von Sötern bemühten sich in den folgenden Jahren verstärkt um Vermehrung des Söternschen Familienbesitzes und betrieben dabei eine geradezu atemberaubende Erwerbspolitik. Von Erzbischof Lothar von Metternich wurde Philipp Christoph von Sötern 1610 mit Schloß und Herrschaft Schwarzenberg belehnt Sechs Jahre später startete Philipp Christoph den Zusammenkauf der Herrschaft Dagstuhl aus den Händen der einzelnen Teilbesitzer. Zwar treten als Käufer in der Regel sein Bruder Konrad und die Söhne seines 1612 verstorbenen Vetters Ludwig Alexander von Sötern, Philipp Christoph und Johann Reinhard, allein oder im Verbund auf, es besteht aber keinerlei Zweifel daran, daß Philipp Christoph, inzwischen Trierer Dompropst, Fürstbischof von Speyer und Reichskammerrichter, selbst die Fäden zog und geschickt die Weichen stellte.

Neben diesen Käufen vermehrte der Fürstbischof von Speyer mit einer Serie von Belehnungen das Söternsche Familieneinkommen mit Besitzungen, die an das Bistum heimgefallen waren und letztendlich mit dem Speyerer Lehen zu Lockweiler, das auf die Kaiserin Adelheid zurückging.

Konrad von Sötern, der schon seit längerer Zeit kränkelte und über verschiedene in Brüssel wegen seiner luxemburgischen Besitzungen anhängige Prozesse fast melancholisch und traurig geworden war, verfaßte im Mai 1618 sein Testament im Beisein von sieben Zeugen, darunter Johann Wolfgang von Hontheim und Wilhelm Baden. Konrad, der Amtmann zu Saarburg, war zwar bettlägerig, jedoch eines guetten verstandts, setzte seinen Bruder Philipp Christoph von Sötern wie schon 1595 erneut zu seinem Universalerben ein.

Die söternschen Besitzstrukturen nahmen Formen an: Die Besitzanteile von Burg und Herrschaft Dagstuhl hatte Philipp Christoph mit großem finanziellem Aufwand in seiner Hand vereinigen und auch weitere Besitzungen, Lehen, Rechte und Privilegien sammeln können, so daß er eigentlich an die Realisierung des Söternschen Fideikommisses hätte herangehen können. Vermutlich hinderte ihn daran seine Wahl zum Trierer Erzbischof und Kurfürsten am 25. September 1623 und die damit verbundenen Verpflichtungen. Das Ziel aber sollte er nie aus den Augen verlieren genau so wenig wie die Frage der Erbfolge.

 

Illigitimer Nachwuchs

Die Bemühungen Philipp Christophs von Sötern um die Erziehung und Ausbildung der beiden Brüder Philipp Christoph und Johann Reinhard, den Kindern seines Vetters Ludwig Alexander von Sötern und der Elisabeth von Nassau, sind hinreichend dargestellt worden, auch inwieweit das Interesse dem Johann Reinhard von Sötern als dem einzigen möglichen Nachfolger und Erben galt.

Johann Reinhards ein Jahre älterer Bruder Philipp Christoph von Sötern, der Domherr zu Speyer und Mainz und Stiftsherr zu St. Alban geworden war, ereilte ein trauriges Schicksal. Am 21. September des Jahres 1622, im Alter von 27 Jahren, stürtzte sich mit einem pferd zu todt. Sonstige Angaben über den Unglücksfall sind nicht bekannt und über ihn wäre sonst weiter nichts zu berichten, hätte er nicht die Affäre mit der Susanna von Grousbeeck gehabt.

Die Bekanntschaft mit der aus Lüttich stammenden jungen Frau muß schon vor dem Jahre 1620 begonnen haben, denn vom August dieses Jahres existiert ein Verzeichnis wertvoller Pretiosen, Kleider und Geldsorten, die Susanna von Grousbeeck in der Dompropstei zu Trier hinterlegt hatte. Das Verhältnis, das nicht ohne Folgen blieb, sorgte für erhebliche Aufregung und führte nach dem tödlichen Unfall des Philipp Christophs von Sötern zu einer förmlichen Untersuchung vor dem Offizial des erzbischöflich kurfürstlichen geistlichen Hofgerichtes zu Köln im April des Jahres 1623.

Susanne von Grousbeeck beruft sich darauf, daß Philipp Christoph von Sötern, ...als derselb annoch ledigen standt undt sulches zu thun mechtigh gewesen, ihro ehelige versprechungh gethan und sulcher ehelicher angelobnus zuvolgh mitt ihr einen jungen sohn gezilt. Daß er zum geistlichen Stand bestimmt und schon zum Subdiakonat geweiht worden war, sei ihr unwissent gewesen. Dagegen aber gibt sich Elisabeth von Sötern, des verunglückten Philipp Christoph von Sötern Mutter und Vertreterin vor dem Kölner Offizial der angedeuter ehelicher verpflichtungh nitt gestendigh und verweist darauf, daß Philipp Christoph schon immer, seit jungen Jahren, für den geistlichen Stand auserwählt war.

Das Kirchengericht stellt sich auf die Seite Susannes von Grousbeeck, daß sie mitt gezimmender alimention undt heyratsguitt aus des von Soetteren gutteren ... zu versehen seye und sprach ihr eine angemessene Rente zu, die in bestimmten Halbjahresraten zu entrichten war.

Die Abwicklung der Geldgeschäfte lief meist über den kurkölnischen Prokurator und Fiskal Heinrich Dambrock, dem sowohl die söternsche Seite als auch Susanne von Grousbeeck Vertrauen entgegenbrachten. Im Oktober des Jahres 1628, der uneheliche Sohn wird wohl schon etwa zehn Jahre alt gewesen sein, bedankt sich Susanne bei dem Heinrich von Dambrock, da er offt und viel meinet wegen sich bemühet, und in meinen sachen behülfflich hewesen und übersendet ihm einen Limburgsen keeß so groß und gutt ich ihn vor dießmahl haben können. Ihren in Lüttich abgefaßten Dankesbrief unterzeichnet sie mit Witwe von Sötern. Die Spuren dieses illegitimen Söternnachwuches sind in den verfügbaren Quellen leider nicht mehr weiterzuverfolgen.

 

Johann Reinhard von Sötern

Nach dem tödlichen Sturz des Domherrn Philipp Christoph von Sötern und dem Tode seines Bruders Konrad wenige Monate vor seiner Wahl zum Trierer Erzbischof und Kurfürsten am 25. September 1623 sah sich Philipp Christoph von Sötern zur Klärung der Nachfolge gezwungen. Der einzige noch lebende männliche Söterner war zu diesem Zeitpunkt der Sohn seines 1612 verstorbenen Vetters Ludwig Alexander von Sötern. In den inzwischen 27 Jahre alten Johann Reinhard setzte der Kurfürst nun seine ganze Hoffnung, stattete ihn mit etlichen hohen Ämtern aus und behielt ihn ständig in seinem engeren Umfeld, so daß er sich zu den wenigen Vertrauten des von Natur aus vorsichtigen, ja mißtrauischen Kurfürsten zählen durfte.

Zwei Monate nach der Erzbischof- und Kurfürstenwahl heiratete Johann Reinhard von Sötern, Herr zu St. Johannsberg und Lemberg, kurfürstlicher-trierischer, fürstlich-speyerischer und lothringischer Rat, Amtmann zu St. Wendel, zu Schaumburg, zu St. Remich und zu Dhan, die Jo-hanna Gertrud, die Tochter des Balthasar von Palant und Reulant, Erzkämmerer des Herzogtums Luxemburg und der Grafschaft Chiny und der Elisabeth von Millendock, Drachenfels und Meiderich.

Der Ehevertrag wurde am 26. November 1623 auf Schloß Reulant vor zahlreichen Zeugen geschlossen, darunter die Grafen von Manderscheid, der Trierer Statthalter Damian von der Leyen, der Freiherr zu Schwarzenberg und weitere adelige Herrschaften. In sechsundzwanzig Vertragsartikeln wurden die gegenseitigen Rechte und Vermögensverhältnisse offengelegt und festgeklopft.

Die Mitgift der Johanna Gertrud ist beträchtlich gewesen, zumal sie etliche ihr von verschiedenen Onkeln und Tanten testamentarisch vermachte Donationen mit in die Ehe bringen konnte. Diese Vermächtnisse allerdings waren in späteren Jahren oft Anlaß zu umständlichen und langwierigen Erbstreitigkeiten und kostspieligen Prozessen.

Aus der Ehe des Johann Reinhard von Sötern mit der Johanna Gertrud von Palant gingen zehn Kinder hervor. Der älteste Sohn war auf den Namen Philipp Christoph getauft worden und es dürfte kein Zweifel an der Patenschaft des berühmten Verwandten bestehen. Aber auch dieser Junge, der fünfte Söterner mit dem Doppelnamen Philipp Christoph, verstarb in jungen Jahren. Vier der insgesamt acht Mädchen überlebten ebenfalls das Säuglings- und Kindesalter nicht. Anna Franziska heiratete Anton Kratz von Scharffenstein und Maria Magdalena ging die Ehe mit Johann Franz Graf von Berg ein.

Die jüngeren Töchter heirateten in die Familien von Zant und von Heddersdorf ein. Nach dem Tode des erstgeborenen Sohnes kam dann Philipp Franz im Jahre 1634 als achtes Kind zur Welt. Er sollte später dem Söternschen Fideikommiß vorstehen und Inhaber der Reichsherrschaft Dagstuhl werden.

Bei der Ämterhäufung war für den Kurfürsten Philipp Christoph von Sötern die Wahrnehmung der familiären Verwaltungsgeschäfte im erforderlichen Maße nicht mehr möglich und er setzte seinen Verwandten Johann Reinhard von Sötern ein, da es also wegen wichtiger unß obliegender geschefften in unßerer gelegenheit nicht sein will, die administration und verwaltung besagten fideicommissi uff unß zu behalten.

Als Nachfolger des Damian von der Leyen wurde Johann Reinhard von Sötern 1626 das Amt des kurfürstlichen Statthalters zu Trier übertragen, womit dieser eine weitere wichtige und einträgliche Machtposition besetzen konnte.

Im Verlaufe der Jahre gelangten in gemeinsamer Anstrengung von Erzbischof und Kurfürst einerseits und Johann Reinhard von Sötern andererseits zahlreiche weitgestreute Lehnsstücke in den Söternschen Familienbesitz.

 

Das Schicksalsjahr 1635

Die allgemeinen politischen Verhältnisse und die besonderen Umstände im Trierer Kurfürstentum, die sich im Verlauf des Dreißigjährigen Krieges und der sich daraus ergebenden Verwicklungen für den Kurfürsten äußerst unangenehm herausgestellt hatten, und der mit heute unverständlich erscheinenden rigorosen Mitteln beiderseits geführte Privatkrieg mit der Familie von Metternich und deren Umfeld, sowie Philipp Christophs unheilvolles Zerwürfnis mit dem Trierer Domkapitel führten den Kurfürsten immer mehr in eine defensive Situation, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann.

Nach der blutigen Schlacht bei Nördlingen im September des Jahres 1634, wo die vereinten kaiserlichen, bayerischen und spanischen Truppen den von der badischen und württembergischen Landwehr unterstützten Schweden eine kriegsentscheidende vernichtende Niederlage beibrachten, spitzte sich für Christoph Philipp von Sötern die Lage dramatisch zu. Auf die französische Beistandsverpflichtungen und den mit den Schweden zum Schutz seines Trierer Kurstaates und Fürstbistums Speyer ausgehandelten Neutralitätsvertrag konnte er sich bei den geänderten militärischen Positionen nicht weiter stützten.

In dieser für den Kurfürsten und seine Politik prekären Lage schürten seine domkapitularischen Widersacher aus dem Umfeld der Familie Metternich kräftig das Feuer, das sie schon seit einiger Zeit beim Kaiser in Wien gezündelt hatten. Besonders der von Philipp Christoph wie andere ihm widersetzliche Domherren abgesetzte und nach Luxemburg ausgewichene Dompropst Johann Wilhelm Hausmann von Namedy tat sich in wüsten Schreiben an Kaiser Ferdinand hervor mit dem erklärten Ziel, diesen zur Absetzung des Kurfürsten zu gewinnen.

Ende Oktober 1634 bezichtigte Johann Wilhelm Hausmann von Namedy den Erzbischof und Kurfürsten der Nigromantie und Magie, vermitz deren durch wachsene bildter er dem Kaiser schaden, ja ihn vergiften wolle. Ich habe hiebevorn die infantin zue Brußell und den ertzhertzogen Leopold, welche mir zue entgegen geweßen, toth gebetet, muß nunmehr den keyser auch toth geten und ihr wollet euch dießer meiner worth erinneren, o der keyser nicht auch baldt sterben werde... legt Hausmann dem Kurfürsten in den Mund und läßt ihn frohlocken: ...der keyser ist toth, es ist kein keyser mehr, es ist mit dem hauß Östereich gantz und gahr aus. So absurd und abwegig diese Anschuldigungen auch waren, sie scheinen in Wien Wirkung gezeigt zu haben.

Auch die Behauptungen Hausmanns, der Kurfürst konspiriere mit dem dänischen König und trachte nach einer protestantischen Allianz gegen den Kaiser und Spanien, entpuppten sich als unhaltbar. In der Tat hatte sich der Kurfürst mit dem Dänenkönig Christian IV. in Verbindung gesetzt, weil dieser sich für Friedensverhandlungen anbot und stark machte und den cläglichen und hochbedauerlichen zustandt des heyligen römischen reichs ... die darin fürgehende grausambe ... vergießung so vielen christlichen menschen bluts, zugleich auch die verwustung so vieler herlicher chur- und fürstentümber und landen ihro soweit angelegen sein lassen, und zu wiederbringung deß höchstnothwendigen friedens sich zwischen beeden kriegenden theilen ins mittel schlagen .... Der Kurfürst schreibt an Christian IV.: ...deßwegen ist ew. königl. meytt. billich höchster immerwehrender danck zu sagen...

Philipp Christoph von Sötern muß bei diesen Vorgängen und Entwicklungen eine Vorahnung gehabt haben, was im Verlaufe der nächsten Monate auf ihn zukommen würde. Nach dem Fall der von ihm unter großem Aufwand zur Festung ausgebauten, 1623 fertiggestellten und nach ihm benannten Stadt Philippsburg, früher Udenheim, und dem Anmarsch der ihm feindlich gesonnenen kaiserlichen und spanischen Truppen, nahm die Bedrohung sowohl für sein Vaterland als auch für seine eigene Person bedrohliche Formen an. Nie habe ich einen Fürsten in einer so großen Angst gesehen und in einer solchen Furcht vor dem Untergang seines Landes und vor seiner eigenen Notlage... berichtete der französische Gouverneur in Trier nach Paris.

Auf die Angebote der französischen Krone, sich in Sicherheit bringen zu lassen, hatte der Kurfürst ablehnend reagiert. Er nutzte die Zeit, seine Familienangelegenheiten in Ordnung und in Form zu bringen.

Am 5. März 1635 stellte er Lehnsbriefe für die Burgen und Herrschaft Dagstuhl und Schwarzenberg zugunsten von Johann Reinhard und dessen einjährigem Sohn Philipp Franz aus. Burg Dagstuhl hatte er seit 1619 aufwendig und mit vielen Kosten verbunden wiederaufgebaut. Instandsetzungspläne bestanden auch für die verfallene Burg Schwarzenberg, die aber nicht ausgeführt werden konnten.

Einen Tag später dann, am 6. März 1635, erneuerte Philipp Christoph von Sötern das Fideicommissum Soeterianum, das ja bereits von seinem Onkel gleichen Namens im Jahre 1595 umrissen worden war, nun aber in eine feste Rechtsform gegossen wurde. Über die bereits dem alten Fideikommiß einverleibten Besitzungen, Rechte, Pfandschaften hinaus werden alle die von den Anverwandten durch Testament, Verzichtserklärung oder aufgrund sonstiger Verträge überkommenen Besitzungen dem Fideikommiß einverleibt. Wichtiger Bestandteil ist das Paket an Belehnungen, Besitzanteilen und Rechtstiteln, die Philipp Christoph von Sötern als Erzbischof und Kurfürst dem Fideikommiß übertragen hat. Die nicht unerheblichen Barmittel, Schuld- und Pfandverschreibungen, Gültbriefe und sonstige Obligationen zugunsten Philipp Christoph von Sötern fließen in den Gesamtbesitz ein. Darunter befinden sich auch die beträchtlichen Kapitalien und Zinsen, die er der kurfürstlichen Landrentmeisterei zu Trier und der fürstlichen Landschreiberei zu Speyer vorgestreckt hat. Teilweise waren davon die schwedischen Satifikationsgelder bezahlt worden. Das ganze Silbergeschirr, die Kleinodien und so viel sich dessen nach unserem Ableben von allem vorräthig zu sey befinden wird, wird ebenso dem Fideikommiß übertragen. All das hat Philipp Christoph dem Fideikommiß anvertraut, angesezt, instituirt, geschenckt und übertragen und damit immerwährend aufgericht und gestiftet und weiterhin angeordnet, daß es weder ganz noch in Teilen veräußert, verringert, geschmälert, beschwert noch verpfändet werden darf.

Als ersten rechtmäßigen Besitzer dieses neuerrichteten Söternschen Fideikommisses setzte der Kurfürst seinen Verwandten Philipp Franz von Sötern und dessen Vater Johann Reinhard von Sötern als seinen Vormund ein. Mit Johann Reinhard und seiner Frau Johanna Gertrud von Palant, welche ihrer Linien zu Schimpf und Spott ausgerissen und viel Weg sich unwürdig gemacht und sich nach Metz abgesetzt hatten, war er in heftigen Streit geraten.

Als Sitz des Söternschen Fideikommisses wird Dagstuhl bestimmt, das nach des Kurfürsten Willen weiter ausgebaut und mit einer Pfarrstelle versehen werden sollte.

Nun ruhten also die Hoffnungen des 68jährigen Kurfürsten auf dem jungen Philipp Franz als dem einzigen möglichen Erbfolger, von dem erwartet wurde, daß durch die gnad Gottes sich unser mannes stammen von Sötern mit zeit wider vermehren oder multipliciren würde, dergestalt, daß deren etliche im leben beysammen begriffen.

Am gleichen Tag verfaßte Philipp Christoph von Sötern sein Testament zur Erhaltung unseres uralten adelichen Stammes von Sötern. Auf seinem Grabstein sollte nur eine schlichte Inschrift stehen: Hic iacet civis et pulvis (Hier liegt Asche und Staub).

Philipp Franz von Sötern wurde auferlegt, das söterische und Püttlinger Wappen im Quadrat geviertelt mit dem heiligen Apostel Philipp im Herzschild anzunehmen und zu führen, und er sollte sich künftig Freiherr zu Dagstuhl nennen und als Söterischer Fideikommissar und als Philippsspitals Regent unterschreiben.

 

Die Gefangennahme des Kurfürsten

Mitte März 1635 zeichnete sich die gewaltsame Einnahme der Stadt Trier ab. Der in spanischen Diensten stehende General Emden hatte bei Wasserbillig einige hundert Infanteristen und Kavalleristen versammelt. Mit mehreren Schiffen erreichten sie im Schutz der Dunkelheit Trier und überlisteten die Wachen. Gegen den erbitterten Widerstand der französischen Garnisonstruppen bemächtigten sich die Spanier der Stadt, unterstützt von übergelaufenen kurfürstlichen Soldaten und Offizieren und auch von opportunistischen Bürgern. Die traurige Bilanz: 200 französische Soldaten lagen tot in den Straßen, 600 weitere wurden gefangengenommen. Die siegreichen Eroberer beklagten 50 gefallene Soldaten und einige Verwundete.

Mit dem Fall der Stadt Trier war des Kurfürsten Schicksal besiegelt, er wurde von einem seiner ärgsten Widersacher, dem in spanischen Diensten stehenden Karl von Metternich, mit vorsetztem Degen gefangengenommen und in eine zehnjährige Gefangenschaft geführt.

Die Gefangennahme des Trierer Erzbischofs und Kurfürsten, Fürstbischofs von Speyer und Reichs-kammerrichters, und damit höchster Rechtsrepräsentant des Reichs, war ein einmaliger Vorgang und löste ein großes Echo in Europa aus. Der französischen Krone lieferte das Vorgehen gegen Philipp Christoph von Sötern den Vorwand zur Kriegserklärung gegen die Spanier, womit Frankeich offiziell die Kriegshandlungen aufnahm.

Die zehnjährige Gefangenschaft Philipp Christophs von Sötern in Wien endete im August 1645 aufgrund intensiver Bemühungen der Franzosen, die den Beginn der Friedensverhandlungen von der Teilnahme eines freien Kurfürsten abhängig machten. Kaiser und Papst, deren abwechselnder Gefangener er in Linz und Wien gewesen war, willigten in die Freilassung ein, und nachdem Philipp Christoph einen entsprechenden Vertrag mit dem Kaiser unterzeichnet hatte, konnte er über Frankfurt und Koblenz in seine Hauptstadt Trier einziehen.

 

Ausbau und Restitution

Bezeichnend für seinen Durchsetzungswillen und seinen ungebrochenen Geist hat er sein Herzensanliegen, die Ausformung und Bereicherung seines Fideicommissi Soeteriani, nie aus den Augen verloren. Sowohl das Fideikommiß als auch das Philippsspital, eine Stiftung für die Ausbildung und Erziehung des söternschen Nachwuchses, werden in den nächsten Jahren mit erheblichem Besitzzuwachs ausgestattet, wobei der Erzbischof und Fürstbischof trierische und speyerische heimgefallene Lehen einverleibt. Die Berechtigung für das manchmal rigorose Vorgehen, das man ihm später vorwerfen wird, dürfte Philipp Christoph von Sötern darin gefunden haben, daß ihm sowohl das Erzstift und Kurfürstentum Trier als auch das Fürstbistum Speyer riesige Geldbeträge schuldeten, Summen, die er aus seinem Eigenbesitz den maroden Staatskassen zugesteuert hatte.

Im Jahre 1650 dürfte der von Philipp Christoph von Sötern erworbene Besitz an Land und Rechten seine größte Ausdehnung erfahren haben. Neben der Herrschaft Dagstuhl waren dem Fideikommiß ganze Ämter leih- und pfandweise einverleibt, wie Grimburg und Hunolstein, die Gemeinschaft Merzig und Saargau, so daß der Gedanke, Philipp Christoph von Sötern habe eine eigene Herrschaftsbildung im Hochwaldraum, über die Herrschaft Dagstuhl hinaus im Sinne gehabt, nicht mehr ganz abwegig scheint.

Dazu ist es aber nicht gekommen. Philipp Christoph von Sötern, inzwischen 83 Jahre alt, hatte sich selbst überlebt und war sein eigenes Denkmal geworden. Anders als die von Metternich und von der Leyen, aus deren Familien sein Vorgänger und sein Nachfolger stammten, war er auf sich alleine gestellt.

Von seinen möglichen Erb- und Nachfolgern ist ihm nur der 16jährige und damit noch minderjährige Philipp Franz geblieben. Dessen Vater Johann Reinhard war gestorben, der Kurfürst scheint sich mit ihm nicht mehr ausgesöhnt zu haben. Aber mit seiner der wittib fraw von Palant hat er sich erbarmt, nachdem sie in solche armuth gerathen, daß sie durch die thorwartten zu Lutzenburg auß Rewlandt vertrieben worden ist. Bei ihren Kindern konnte sie keine Unterkunft finden, da sie alle keine eigenen Mittel besaßen. Daher ordnete Philipp Christoph ihre Unterbringung und Verpflegung an, zunächst auf der Burg Dagstuhl und später in St. Wendel. Das Philipp-Spital mußte die costen undt tranckh, so guet es der löffel geben wirdt, tragen.

Die Witwe von Sötern sollte von mindestens achtzehn Mann, darunter zwei bis drei schantzen gräber soldaten zu St. Matthias abgeholt und gemeinsam mit unserm und unseres coadiutors trompetter sicher nach Dagstuhl convoyirt werden, ordnete der Kurfürst in einem Handschreiben an seine Beamten an. Dort sollte man ihr daß gemach oben uff neben unserm vorigen quartier einraumen und neben einer Magd eine weitere Person zuteilen. Philipp Christoph wies seinen Amtsverweser Johann Sebastian Knöller an, daß er die Witwe mit besser höflichen maniren zu empfangen und behandeln habe und die Witwe von Palant mit aller gebühr zu respectiren, iedoch dergestalt, daß sie auch folgen solle dem ienigen, waß er ihr auß churf. bevelch iederzeit wohlmeinent werde anzeigen, dan es ietzo ein weit ander beschaffenheit man ihro wie bey ihrem herrn gethan undt denselben gantz verdorben, ihrem kopff nicht nachgehen undt sich meistern lassen werde.

Philipp Christophs ständige Widersacher und Gegner hatten inzwischen die Installation einer kaiserlichen Spruchkammer zur Beilegung der Streitigkeiten zwischen Philipp Christoph von Sötern und dem Trierer Domkapitel, der Regierung und den Landständen erreicht. Die Kammer war hochrangig bestückt und setzte sich aus den Kurfürsten von Mainz und Köln sowie dem Fürstbischof von Bamberg zusammen. Am 23. August 1650 unterzeichneten sie bzw. ihre Delegierten in Trier den Vergleich, der Philipp Christoph und seinen Fideikommiß kräftig zurückstutzte. Neben der Wiedereinsetzung vertriebener Beamte, Befriedigung von Schadensersatzforderungen usw. wurden dem Erzstift u.a. die Ämter Grimburg, Hunolstein und die Merzig-Saargauer Gemeinschaft restituiert.

 

Tod und Erbe

Die letzten beiden Jahre verbrachte Philipp Christoph von Sötern isoliert und vereinsamt, durch seine schweren Leiden ständig ans Bett gefesselt, in seinem Palast, der Petersburg in Trier.

Am 7. Februar 1652 verstarb er im hohen Alter von 85 Jahren. Er war 42 Jahre lang Fürstbischof von Speyer gewesen, 41 Jahre lang Reichskammerrichter, fast 30 Jahre Erzbischof und Kurfüst von Trier und 40 Jahre frommer Priester und Seelsorger. Die Gesta Treverorum rühmen die Frömmigkeit des Verstorbenen und erwähnten, ...daß er keinen Tag ohne das in seinem Gemach gefeierte Meßopfer vorübergehen ließ. Auch die Stundengebete verrichtete er bis in die letzten Tage seines Lebens, obwohl er nicht die Hand zum Halten und Umblättern des Buches auszustrecken vermochte, mit frommer Andacht...

Sein Körper fand im Trierer Dom seine letzte Ruhestätte und sein Herz wurde seinem Wunsch entsprechend im Dom zu Speyer beigesetzt.

Dem achtzehnjährigen Philipp Franz von Sötern wurde sein Verwandter Bertram von Nesselrode-Ehrishoven als Vormund zur Seite gestellt. Aus seiner Ehe mit Maria Diana von Cronberg gingen vier Töchter hervor, von denen die älteste, Maria Sidonia, im Jahre 1680 den aus dem schwäbischen Ries stammenden Grafen Notger-Wilhelm von Oettingen-Baldern heiratete. Die so begründete oettingen-söternsche Allianz wird über 100 Jahre Bestand haben und in Namen und Wappen gar auf Dauer bis auf den heutigen Tag fortdauern.

Aus der Ehe Maria Sidonias und des Oettinger Grafen entstammte als einziger überlebender Sohn der 1684 geborene Kraft Anton Wilhelm, der beim Tode seiner Mutter 1691 und seines Vaters 1693 noch minderjährig war. Als sein Vormund kümmerte sich Graf Wolfgang IV. von Oettingen-Wallerstein um seine Erziehung und die dem jungen Grafen zugefallene Reichsherrschaft Dagstuhl. Kraft Anton Wilhelms von Oettingen-Baldern und Sötern, wie er sich nannte, Bemühungen um Verkauf der linksrheinischen Besitzungen waren erfolglos, auch wenn in der damaligen Presse der Verkauf an den Herzog von Lothringen schon als abgemacht dargestellt wurde.

Die Vermählung Kraft Anton Wilhelms mit der Schönborn-Tochter Eleonore, einer Schwester des späteren Trierer Erzbischofs und Kurfürsten Georg Franz von Schönborn, brachte die Verkaufsabsichten endlich zum Stillstand, da sich der Schwager um die verschuldete Herrschaft in eigener Person bekümmerte und auf den Erhalt im Familienbesitz besorgt war.

Joseph Anton von Oettingen-Baldern und Sötern, einer der Söhne Kraft Anton Wilhelms und Eleonores, übernahm nach dem Tod des Vaters im Jahre 1751 die Regierungsgeschäfte sowohl in der Herrschaft Dagstuhl als auch in der Grafschaft Baldern im Schwäbischen. Seinen Wohn- und Regierungssitz verlegte er nach Dagstuhl bzw. in den Flecken Wadern und begründete hier eine kleine Residenzstadt. Nach kinderloser erster Ehe mit Christiane von Schwarzburg-Sondershausen vermählte er sich mit der blutjungen Maria Antonia, Reichstruchsessin von Waldburg. Aus dieser Verbindung ging als einzige Erbin, nachdem zwei Söhne im Kindesalter verstorben waren, Philippine Karoline hervor.

Im Jahre 1794, nachdem die Grafenfamilie vor den anrückenden französischen Revolutionstruppen von Dagstuhl aus ins Rechtsrheinische geflüchtet war, heiratete Philippine Karoline, die Erbin der Reichsherrschaft Dagstuhl, Rudolf, den Sohn des Wiener Reichsvizekanzler Franz-Gundacker Fürst von Colloredo-Mannsfeld. Die Ehe blieb kinderlos.

Die Grafschaft Oettingen-Baldern war mit dem Tod Joseph Antons von Oettingen-Baldern und Sötern im Jahre 1778 aufgrund der männlichen Erbfolge an seinen ältesten Bruder, den Kölner Dompropst Franz Wilhelm, gefallen und nach dessen Tod 1798 als dem Ultimus seiner Familien an die Fürstenfamilie von Oettingen-Wallerstein. Um die Herrschaft Dagstuhl lief ein Prozeß zwischen Philippine Karoline und ihrem Vetter Kraft Ernst von Oettingen-Wallerstein, der durch einen Vergleich vom 29. September 1802 endete: Die Fürstin Philippine Karoline von Colloredo-Mannsfeld geb. von Oettingen-Baldern und Sötern verzichtete gegen eine hohe Geldabfindung auf ihre Besitzansprüche an der Herrschaft Dagstuhl zugunsten der Linie Oettingen-Wallerstein. Wenige Tage später nach dem Vergleich, am 6. Oktober, verstarb Kraft Ernst Fürst von Oettingen-Wallerstein.

Im Reichsdeputationshauptschluß vom 25. Februar 1803, der u.a. auch die linksrheinischen Besitzansprüche der deutschen Fürsten regelte, wurde das Oettinger Fürstenhaus reichlich für die von Frankreich eingezogenen Dagstuhler Besitzungen entschädigt.

Am 3. April 1991 erschien in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die Todesanzeige für Seine Durchlaucht Carl Friedrich Fürst und Herr zu Oettingen-Oettingen und Oettingen-Wallerstein, Graf zu Oettingen-Baldern und Herr von Sötern.

Sein Sohn Moritz Eugen Fürst zu Oettingen-Wallerstein ist heute der Seniorchef des Fürstenhauses. Auch er trägt den Zusatz Herr von Sötern in der offiziellen Titulatur und die Söterner Wolfsangel in seinem fürstlichem Wappen, ganz so wie es seinerzeit der Trierer Erzbischof und Kurfürst, der Begründer der Freien Reichsherrschaft Dagstuhl, in seinem Testament festgelegt hatte.