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Heimat- und Kulturverein Kell am See
Ansprache des Vorsitzenden beim Jubiläumsempfang am 26. Mai 2013 im Historischen Bahnhof in Kell am See
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Die
60er und 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts werden in die Annalen
eingehen als Jahre des Umbruchs, des Strukturwandels im besten Sinne
von einer durchaus landwirtschaftlich-bäuerlich geprägten
Sozialstruktur zu einer modernen Region mit realer Aussicht auf
allgemeine wirtschaftliche Prosperität und hier im Besonderen auf eine
zukunftweisende Fremdenverkehrsentwicklung.
In diese Jahre des
Umbruchs und Aufschwungs datiert die Gründung des Heimat- und
Verkehrsvereins. Im November 1967 hatte Bürgermeister August Justen in
einer Bürgerversammlung einen Heimat- und Verkehrsverein angeregt,
nachdem er eindringlich auf die Bedeutung des Fremdenverkehrs als
Wirtschaftsfaktor hingewiesen hatte.
Im Trierischen Volksfreund
konnte man dann lesen: Die Bürgerschaft der Gemeinde Kell hat die große
Chance, die der Fremdenverkehr für das Erwerbsleben bietet, richtig
erkannt und eingeschätzt und ist bereit, an dessen Aktivierung und
Förderung tatkräftig mitzuarbeiten.
Am 24. Januar 1968 wurde der
Verein aus der Taufe gehoben. Aufgabenkatalog und Ziele des neuen
Vereins sollten vor allem den Bereich der Kultur- und Heimatpflege
abdecken, die sich aus der Heimatforschung, der Erforschung der
Ortsgeschichte, aus der Anlegung eines Archivs, einer Ortschronik sowie
der Pflege des heimatlichen Brauchtums ergeben. Aber auch die Förderung
des Reise- und Fremdenverkehrs standen auf der Agenda des neuen Vereins.
Zum
ersten 1. Vorsitzenden wurde Lehrer Hubert Ries gewählt, zum
stellvertretenden Vorsitzenden Oberförster Michael Mies, zum
Schriftführer Oberinspektor Rudolf Stoll und zum Schatzmeister
Bankkaufmann Karl Heyer. Zu Besitzern wurden gewählt Hedwig Thomet und
Dittmar Lauer, der dem Vorstand bis heute ohne Unterbrechung angehört,
45 Jahre lang.
Von den dreißig Gründungsmitgliedern sind 16
Mitglieder verstorben, von den 14 noch lebenden sind dem Verein bis
heute acht Mitglieder treu geblieben. Für ihre 45-jährige Mitarbeit und
Vereinstreue werden diese Mitglieder mit einer Ehrenurkunde
ausgezeichnet. Es sind dies in alphabetischer Reihenfolge: Hans Backes,
Hermann Hau, Karl Heyer, August Justen, Herbert Krämer, Dittmar Lauer,
Bernhard Metzler und Hubert Ries.
Im Laufe des 45-jährigen
Vereinslebens haben dem Verein fünf Vorsitzende, die sich übrigens noch
alle bester Gesundheit erfreuen, vorgestanden: Hubert
Ries
1968-1970 2
Jahre Manfred Enders 1970-1972 2 Jahre Karl-Josef Endres 1976-1981 5 Jahre Michael
Mies
1981-1985 4 Jahre Dittmar Lauer 1972-1976
1985-2013 32 Jahre
Auf Grund ihrer
besonderen Verdienste hat der Verein sechs Gründungsmitglieder zu
Ehrenmitgliedern ernannt: Nikolaus Marx, der über 100 Jahre alt wurde,
Michael Mies, August Neu, Rudolf Stoll, Hedwig Thomet und Bürgermeister
August Justen, der an Pfingstsamstag 90 Jahre alt geworden ist und dem
man die 100 Jahre ebenso zutrauen kann wie dem Ortsvorsteher Nikolaus
Marx.
Nach der Gründung einer eigenen Touristikbetriebes
innerhalb der Verbandsgemeinde hat sich der Heimat- und Verkehrsverein
umbenannt in Heimat- und Kulturverein als Zeichen einer konsequenten
Ausrichtung in den allgemein-kulturellen Bereich. Um die Sparte
Fremdenverkehr-Touristik kümmert sich seitdem mit Erfolg
Hochwald-Ferienland.
Die zahlreichen Aktivitäten des Heimat- und
Kulturvereins hier aufzuzählen, möchte ich Ihnen ersparen. Wir haben
aber hier eine nicht vollständige Auflistung der breitgestreuten
Initiativen und Unternehmungen aufgeschrieben: 45 Jahre Heimat- und Kulturverein von A-Z.
Daher hier nur einige statisches Zahlen, die ja eine gewisse Aussagekraft haben: Layenkaul. 15.000 Jugendliche aus ganz Deutschland, aus Polen, Niederlande, Belgien, Luxemburg und Frankreich 100.000 Übernachtungen
Bauernschmaus: 15 Jahre lang 300 Zentner Kartoffeln 100 Frauen und Männer im Einsatz, um die insgesamt 45.000 Besucher mit heimischen Kartoffelgerichten zu beköstigen demnächst 15 Jahre Hochwälder Kartoffeltage Erfolgsgeschichte im ganzen Hochwaldraum
Historischen Bahnhof 30
Jahre von der Bahn gekauft und mit viel Geld und noch mehr
Eigenleistung restauriert und eingerichtet, Mittelpunkt unserer
kulturellen Aktivitäten 120 Trauungen seit dem 9.9.99 28 Keller Annalen 125 Mitteilungsblätter 12 Hochwälder Geschichtsblätter 50 Bücher herausgegeben (davon 20 eigene) 45 Aufsätze 300 Vorträge
Als
Vorsitzender, der dieses Amt nun schon über dreißig Jahre innehat,
möchte ich mich bei allen Vorstandskollegen und hier besonders bei den
stellvertretenden Vorsitzenden bedanken für ihren Einsatz an
verantwortlicher Stelle (in chronologischer Reihen-folge): Jürgen
Küster, Doris Werhan, Hans Backes, Uschi Steinmetz, Willi Baulig und
Renate Krames. Großen Dank verdienen die vielen Helferinnen und
Helfer, die den Verein immer wieder unterstützt haben, stellvertretend
die nachfolgenden Damen und Herren (in alphabetischer Reihenfolge):
Willi Erschens, Michel Fischer, Johann Hans, Alois Lauer-Backes, Ernst
Lehnen, August Neu, Rudolf Stoll, Hedwig Thomet – die uns alle schon
verlassen haben – und Georg Erschens.
Einen besonderen Dank
schulden wir unserem heutigen Ehrengast, dem 90-jährigen
Altbürgermeister August Justen, Ehrenbürger der Verbandsgemeinde Kell
am See und Gründungs- und Ehrenmitglied des Heimat und Kulturvereins
Kell am See.
Im Juli 1958 war der 35jährige August Justen –
bisher büroleitender Beamter der Amtsverwaltung Klüsserath – von der
Amtsvertretung Kell zum neuen Amtsbürgermeister gewählt worden. Er
wurde Nachfolger von Michael Scholtes, der das Amt des Bürgermeisters
acht Jahr lang innehatte. Der damalige Landrat Heinrich Salzmann wies
bei der Überreichung der Ernennungsurkunde darauf hin, dass der
Amtsbürgermeister in erster Linie der fachliche Berater der
amtsangehörigen Gemeinden sein müsse und er bat den neuen
Verwaltungschef, auch von sich aus eine rege Initiative zu entfalten.
Die
Erwartungen in die Verwaltungsqualitäten und Führungseigenschaften des
neuen Amtsbürgermeisters wurden nicht nur nicht enttäuscht, sondern
weit übertroffen. Mit großem Elan und persönlichem Einsatz betrieb
August Justen im fairen Zusammenspiel mit den kommunalen Gremien die
anstehenden Projekte und entwickelte Perspektiven für die Zukunft. Das
Ziel der wirtschaftspolitischen Bemühungen von Bürgermeister August
Justen und seinen Mitstreitern ist von Anfang an die Schaffung
zusätzlicher Erwerbsmöglichkeiten gewesen. Die Zahl der
landwirtschaftlichen Betriebe hatte sich innerhalb weniger Jahre von
rund zweihundert Bauernhöfen, die man in den ersten Nachkriegsjahren in
Kell noch zählte, auf acht Haupterwerbsbetriebe mit nur noch zwanzig
Beschäftigten Anfang der 60er Jahre reduziert. Durch den von
Bürgermeister August Justen konzipierten und in den folgenden Jahren
konsequent durchgeführten Strukturwandel hat die Verbandsgemeinde ein
anderes Gesicht, vor allem einen höheren Stellenwert bekommen.
Bürgermeister
August Justen erkannte wohl als erster die sich bietenden Chancen der
neu aufkommenden Wirtschaftssparte Fremdenverkehr und mobilisierte den
Ortsgemeinderat und seinen Ortsvorsteher Nikolaus Marx. Während die
benachbarten Bürgermeisterkollegen die geplante Hochwälder Seenplatte
bespöttelten, stellte man in Kell die Weichen zur rechten Zeit und mit
großem Vertrauen auf eine gute Entwicklung. Schon im Dezember 1966
hatte sich die Ortsgemeinde Kell mit der Anlegung eines künstlichen
Stausees im Fronbachtal beschäftigt, der sozusagen die Initialzündung
für weitere Großbaumaßnahmen wie Feriendorf und Kurzentrum werden
sollte.
Es war damals eine Zeit aufsehenerregender politischer
Aktivitäten, deren praktische Umsetzung sich in gravierenden
Umwälzungen im kommunalen Bereich auswirkte. Der CDU-Mann August Justen
war nicht nur als Bürgermeister, sondern auch in vielen anderen
Funktionen auf Bundes-, Landes- und Kreisebene entscheidend an diesen
Entwicklungen beteiligt. Die guten Kontakte und Verbindungen zu
führenden Persönlichkeiten in Politik und Verwaltung wusste August
Justen geschickt und energisch, manchmal auch hartnäckig, für seine
Verbandsgemeinde wirksam einzusetzen.
Dass das Amt Kell im Zuge
der damaligen Verwaltungsreform nicht – wie zunächst vorgesehen und von
seinen Nachbarn gefordert, auch von der JU des neuen Kreises
Trier-Saarburg, dessen Vorsitzender damals ein gewisser Dittmar Lauer
gewesen ist – zerschlagen und entweder einer neuen Verbandsgemeinde
Hermeskeil oder Saarburg zugeordnet wurde, ist der klaren
Zielvorstellung und der politischen Durchsetzungskraft von
Bürgermeister und CDU-Kreispolitiker August Justen zu verdanken. So
wurde eine neue Verbandsgemeinde Kell gebildet aus den Ortschaften des
alten Amtes Kell – mit Ausnahme von Hinzenburg, das der
Verbandsgemeinde Ruwer zugeteilt wurde – und den Hochwaldgemeinden des
aufgelösten Amtes Saarburg-Ost.
Dass August Justen der
Verlockung eines Amtswechsel zur wesentlich größeren Verbandsgemeinde
Saarburg widerstand und sich für seine Verbandsgemeinde Kell entschied,
weil er die einmal begonnene Entwicklung zu einem guten Ende zu führen
sich verpflichtet fühlte, ist weniger bekannt, ist ihm aber nicht hoch
genug anzurechnen.
So ist Bürgermeister August Justen anlässlich
seiner Verabschiedung im Jahre 1988 zu Recht die Ehrenbürgerschaft der
Verbandsgemeinde Kell am See angetragen worden und mit Recht bezeichnet
der Trierische Volksfreund den verdienstvollen Bürgermeister als den
Gründervater der Verbandsgemeinde.
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